Urlaub auf dem Land ist groß in Mode, auch in Spanien. Während die Hotels an Spaniens Küsten und Inseln noch um Touristen für den Sommer 2021 bangen, erreicht die Auslastung für „Urlaub auf dem Land“ in Spanien neue Rekorde. Die Kundschaft: Noch überwiegend Spanier. Doch immer mehr ausländische Touristen entdecken, dass es neben Meer, Strand und Sangría in Spanien viel mehr zu entdecken und zu erleben gibt.
Alicante - Die wachsende Öko-Bewegung, die Übersättigung durch den Massentourismus beflügelten den ländlichen Tourismus auch in Spanien, aber nichts tat das so sehr wie die Corona-Pandemie. Die Urlauber suchen wie nie nach Ruhe und Sicherheit gleichermaßen. Und das Angebot in Spanien ist riesig. Gleichzeitig weckt der Boom des "turismo rural" Hoffnung, das chronische Problem der Landflucht langsam umzukehren. Investoren entdecken den sanften und nachhaltigen Tourismus als neue Einnahmequelle, doch auch Home Office und günstige Investitionsbedingungen locken die Menschen zurück in die Dörfer und in Spaniens Inland über die Urlaubszeit hinaus. Die Regierung hat, mit EU-Hilfen, ein Milliardenprogramm gestartet, um die Infrastruktur ins 21. Jahrhundert zu holen, Erneuerbare Energien, Internet, Schulen inklusive. Einige Gemeinden bieten gleich den Job samt Wohnung an, sogar ganz in der Nähe der Küsten, wie Angebote für Auswanderer in der Region Valencia zeigen.
Spanien hat unendliche abwechslungsreiche Landschaften, einsame Küsten - dort, wo das Wasser etwas frischer ist - und vor allem viele, viele alte Dörfer, voller historischer Bauwerke, Charme, Kultur, abwechslungsreicher und mitunter überraschender Gastronomie in jeder Region Spaniens und Traditionen, die es wert sind, entdeckt zu werden. Wir wissen nicht, ob die nachfolgenden "die schönsten Dörfer Spaniens" sind, wie Top-Listen es sich immer wieder anmaßen, alle waren aber dieses Jahr auf der Short-List für die "Hauptstadt" des ländlichen Tourismus in Spanien. Ein Kurzüberblick als Tipp, bei ihrem nächsten Spanien-Urlaub mal in eine andere Richtung abzubiegen.
Dörfer in Spanien: Chelva - Barrios aus Schande und Gloria
Keine 70 Kilometer von der Landeshauptstadt Valencia entfernt und auch von der Costa Blanca in gut zwei Stunden erfahrbar, liegt Chelva. Das Dorf ist Valencias ländliche Tourismushauptstadt 2021 und besticht vor allem durch seine endlosen Wanderrouten entlang von Quellen und Bachläufen im Bergland Los Serranos. Chelva ist umgeben von 1.200 Meter hohen Bergen, 1.500 Einwohner leben hier. Und wie in Spanien nicht anders zu erwarten, sind Ort und Umgebung angefüllt mit Spuren der Historie, die hier besonders gut erhalten sind. So die Palast-Burg Vizcondal, benannt nach dem Lehnsherren der Gegend und erbaut im 14. Jahrhundert.
Die vier Barrios, also Stadtviertel von Chelva, erzählen die Geschichte der Gegend, die einmal multikulturell war und dann irgendwann zum Mythos Valencia wurde. So können Besucher durch die mittelalterlichen Gassen des Judenviertels Azoque streifen, durch Benacacira, den Ortskern der maurischen Zeit, aber auch durch das Viertel Arrabal, in dem sich die Morisken (Konvertiten) bis Anfang des 17. Jahrhunderts hielten, bis auch sie gnadenlos deportiert wurden. Zuletzt erzählt das Barrio Ollerías von der christlichen Geschichte. Das Wasser lieferten für alle Zeiten die Römer, über den das monumentale Aquädukt Peña Cortada, das sich bis heute hält. Und nebenbei: Hier bekommt man die beste Paella valenciana, sagen sie hier.
Dörfer in Spanien: Yeste - Mineralische Quellen im Grenzland
Mit dem Dorf Yeste, ebenfalls auf der „Shortlist“ der schönsten ländlichen Urlaubsziele Spaniens, hat der Besucher die Möglichkeit quasi den kleinsten gemeinsamen Nenner vieler Regionen in einem Ort zu erleben. Denn Yeste, im Südosten der Provinz Albacete, bildet einen Grenzpunkt zwischen Jaén, Granada, La Mancha und Murcia. Eine mächtige Burg aus dem 13. Jahrhundert bildet den an einen Berg der Sierra del Segura gelehnten Ortskern. Der Glockenturm der Iglesia de la Asunción ruft in die Weite hinein, nur rund 2.000 Bewohner hören den Klang auch, denn rundherum herrscht viel leerer Platz, wilde Steppenlandschaften, die in Safranfelder übergehen. In der charmanten mittelalterlichen Stadt findet sich ein Renaissance-Rathaus.
Eine nahe gelegene Mineralquelle, die Baños de Tus, werden medizinisch und für Wellness-Zwecke benutzt. Die hier servierte Küche in den Bars und Schenken, ist mit die urigste, die man in Spanien erleben kann. Hier finden wird die berühmte Krümelpfanne Migas in Hochform, Tapas vom Lamm und Schwein, von Teilen, die nur Anatomie-Experten finden. Die Leibspeise der Yester ist der ajo mataero, Leber mit Brot zu einem Püree verarbeitet. Vielleicht dann doch lieber eine Wanderung rund um den von Bergen gesäumten Stausee von Fuensanta.